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Und die Sonne bewegt sich ihrer Ruhestatt zu . .
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von
Maulâna Scheikh Muhammad Adil Nazim al-Qubrusi
al-Haqqani
Aus dem Englischen
übersetzt von `Abd al-Hafidh Wentzel
Am Nachmittag des
Sonnabend des 14. Safar im Jahre 1423 nach der Hijra des Gesandten
Allahs – der Segen Allahs sei auf ihm und Sein Friede – ( 27. April
2002 nach christl. Zeitrechnung) sprach unser geliebter Lehrer und
Meister zu einer Gruppe seiner Schüler, die sich zur Suhbat im Hause
seines Schwagers Abu Zeki in Damaskus versammelt hatten, die
folgenden Worte – möge Allah uns rechtes Verständnis geben und sie
uns von Nutzen sein lassen!
Bismillahi-Rahmani-Rahim
Alles bewegt sich
seinem letzten Ziel zu. Für jedes Ding gibt es einen letzten Punkt,
wenn es diesen erreicht hat, hält es an oder es endet oder
verschwindet. Bismillahi-Rahmani-Rahim: „ Wa sch- schamsu tajrî
li mustaqarran laha“(Und die Sonne bewegt sich ihrer Ruhestatt
zu).(1) Allah der Allmächtige teilt seinen Dienern mit: : „ Wa
sch- schamsu tajrî li mustaqarran laha“: die Sonne, die einer
der wichtigsten Faktoren für das Leben auf der Erde ist und ohne die
es kein Leben auf der Erde gäbe, über sie sagt Allah der
Allmächtige: die Sonne bewegt sich auf ihre letzte Station, ihren
Endpunkt zu. Sie nähert sich, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für
Jahr, Jahrhundert für Jahrhundert, Jahrtausend für Jahrtausend,
ihrer letzten Station. Wenn sie diesen Punkt erreicht hat, wird sie
entweder anhalten oder verschwinden oder aus der Existenz
hinweggenommen werden. Ende! Und ich schaue auf mich selbst und
schaue euch alle an und sehe, daß ich und ihr alle uns Tag für Tag
dem nähern, was einem jeden bestimmt ist seine letzte Station zu
sein. Ja, ich dachte, daß vor mir Jahre liegen, so viele Jahre noch
und nun habe ich das achtzigste Lebensjahr erreicht und ich bitte um
eine weitere Station, vielleicht wird es mir gewährt, dann sind es
neunzig Jahre, doch der Tag wird kommen, an dem ich nicht mehr ein
werde. Und ich sehe euch hier, lauter junge Leute, die ihr alle
hofft, weiter zu leben vielleicht bis ihr achtzig oder neunzig oder
gar hundert seid. Doch wir werden alle diesen Punkt erreichen, diese
Grenze, die einem jeden von uns bestimmt ist. Diese Grenze ist
unausweichlich. Deshalb dieser Hinweis, diese Information über die
Sonne. Allah allein weiß, wie viele Milliarden von Jahren die Sonne
aufgeht und untergeht, aufgeht und untergeht, aufgeht und untergeht
. . . .
Doch gleichzeitig
bewegt sie sich (innerhalb des Universums) selbst. Sie geht an
keinem Tage am gleichen Punkt auf und am gleichen Punkt unter wie am
vorherigen. Allah ist rabbul-maschâriqi wa l- maghârib(2),
und Er sagt: „rabbul-maschriqaini wa rabbul- maghribain“(3) .
Er ist „rabbul-maschriqi wa l-maghrib“(4) und
„rabbul-maschriqaini wa rabbul- maghribain“ und
“rabbul-maschâriqi wa l- maghârib”. Jeden Tag geht die Sonne
von dem ihr bestimmten Platz auf und geht an dem ihr bestimmten Orte
unter. Das ist es worüber Allah der Allmächtige mit den Worten
rabbul-maschriqi wa l-maghrib (Herr des Ostens und des
Westens) spricht. Er ist es, der diese Ordnung festgelegt hat. Die
Sonne geht nicht von selber auf oder unter, ihr Schöpfer bestimmt
ihr jeden Tag einen Punkt, von dem sie aufgeht und einen Punkt, an
dem sie untergeht. Und rabbul-maschriqaini wa rabbul-
maghribain (Herr der beiden Osten und Herr der beiden Westen)
deutet auf die beiden am weitesten voneinander entfernten Punkte des
Sonnenauf- und Sonnenunterganges im Sommer und im Winter hin.
Rabbul-maschâriqi wa l- maghârib (Herr der Osten und der Westen)
weist darauf hin, daß die Sonne, weil sie sich selbst innerhalb des
Universums bewegt, jeden Tag von einem anderen Ort her aufgeht, von
einem anderen Aufgangspunkt innerhalb des Universums. Sie geht auf
und wieder unter. Am nächsten Tag geht sie von einem anderen Ort im
Universum auf und wieder unter. Die Sonne bewegt sich und erfüllt
die ihr bestimmte Aufgabe mit absoluter Zuverlässigkeit und
Pünktlichkeit. Sie ist niemals auch nur eine Sekunde zu früh oder zu
spät und sie bewegt sich dabei auf ihren Endpunkt zu bis sie diesen
erreicht.
„Subhâna man
dawwarik! Subhâna man nawwarik! Subhâna man sawwarik! Subhâna man
idhâ scha’ a kawwarik!“ (Lobpreis sei Dem, der dich kreisen
läßt! Lobpreis sei Dem, der dich erhellt! Lobpreis sei Dem, der dir
(deine) Form verliehen hat! Lobpreis sei Dem, der wenn Er will, dich
zusammenwickelt!) Dies sagte der Prophet – Allah segne ihn und
schenke ihm Frieden – als er den Sonnenaufgang betrachtete, das
Sonnen-Licht, so wunderbar und großartig: „Nur Allah kann dir solch
vollkommene Form verliehen haben, du bist so vollkommen in deiner
Gestalt, rund, ohne Unregelmäßigkeit, so wunderschön, Lobpreis sei
Dem, der dir diese Form verliehen hat! Ein solches Licht, du bist
einzigartig und großartig am Firmament und Er ist der Einzige, der,
wenn Er will, dich zusammenrollt und einwickelt und Finsternis
umfasst alles und es ist zuende.“ Die Sonne ist am Ende! Wie Allah
sagt: „Idhâ asch-Schamsu kuwwirat . . .“(5) (Wenn die Sonne
zusammengewickelt wird . . .) , die Sonne wird verschwunden sein, es
wird keinen Sonnenaufgang mehr geben, sie wird nicht mehr
existieren. Dies gilt für jedes Ding, alles wird seinen letzten
Punkt erreichen und aus der Existenz verschwinden. Woher es gekommen
ist, dorthin kehrt es zurück.
„Innâ lillahi
wa innâ ilaihi raji´ûn“(6) (Wahrlich gehören wir Allah und
wahrlich kehren wir zu Ihm zurück)! Das bedeutet jedoch nicht, daß
wir von Allah kommen in dem Sinne, daß wir aus Seiner Essenz kommen,
sondern wir erscheinen aus Allahs des Allmächtigen endlosem Ozean
der Macht (bahru l-qudrat),wir tauchen auf und tauchen wieder
unter in diesem Ozean der Macht. Es gibt eine Art von Fischen, die
ich in während meiner Reisen in Amerika gesehen habe, wunderschöne
Fische, Lachse, die aus dem Wasser springen und wieder eintauchen,
auftauchen und wieder verschwinden. Und alles in der Existenz
erscheint, taucht auf und taucht wieder unter, verschwindet. Und was
jemand in dieser sehr kurzen Zeit seines Auftauchens, seines
Erscheinens in dieser Welt, ergreifen oder erreichen kann, das nimmt
er mit und taucht wieder unter. So daß der, der wieder eintaucht
nicht mehr der Gleiche ist, der aufgetaucht ist, er ist ein anderer.
Und ist es mit uns allen: Innâ lillahi wa innâ ilaihi raji´ûn
. Wir tauchen auf aus dem Ozean der Macht und was uns bestimmt ist,
mitzunehmen, das nehmen wir und tauchen wieder unter und sind
verschwunden. So verändert sich alles, was auf der Erde ist nicht
nur täglich oder wöchentlich sondern stündlich, jede Sekunde,
innerhalb jedes kleinstmöglichen Zeitraumes. Das ist `Adhâmatu l
–Haqq, die Größe Allahs des Allmächtigen, die der Verstand
niemals erfassen kann. Der ´abd, der Diener, kann nur sagen:
Allahu Akbar!
Möge Allah uns
etwas Verständnis geben über das wahre Wesen unseres Herrn,
so daß wir, wenn wir den letzten Punkt erreichen etwas mitnehmen und
dann für immer verschwinden wie ein Taucher in den Meeren der
Vorewigkeit und Ewigkeit.
Möge Allah mir
verzeihen und euch segnen,
bi-hurmatil
Habîb bi-hurmati l-Fâtiha
1) Sure YaSin : 38 2) Herr der Osten (Plural!) und der
Westen, oder auch: Herr der Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge,
siehe Sure as-Saffat : 5 3) Herr der beiden Osten und Herr der
beiden Westen, oder auch: Herr der beiden Sonnenaufgänge und Herr
der beiden Sonnenuntergänge, Sure Ar-Rahmân : 17 4) Herr des
Ostens und des Westens, oder auch: Herr des Sonnenaufgangs und des
Sonnenuntergangs; Sure asch-Schu’ara :28 5) Sure at-Takwîr :
1 6) Sure al-Baqara : 156
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