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Jeder Tag ist eine neue
Reise von Maulana Scheikh Muhammad ´Adil Nazim
al-Haqqânî
Jeden
Morgen erwachen wir, um auf eine neue Reise zu gehen. Sie dauert nur
einen Tag, vom Morgen zum Abend. Dann ruhen wir bis zum nächsten
Morgen. Wenn ihr erwacht, schaut euch nach dem um, was euch
voranbringt auf eurem Weg.
Der
Zweck dieser Ratschläge ist zu zeigen, was euch nutzt und was euch
schadet. Dies ist auch das Ziel der Aussprüche des Propheten –
Allahs Segen und Friede seien auf ihm - und aller Verse des Qur’ân.
Mit allen Heiligen Büchern ist es so. Niemals bringt Allah der
Allmächtige Seine Diener zu Schaden, niemals läßt Er sie hilflos.
Aber die Leute glauben, sie bedürften der Ermahnungen Gottes, der
Empfehlungen der Propheten und der Ratschläge der Gottesfreunde, der
Heiligen, nicht.
Ihr
selbstsüchtiges Ich redet ihnen das ein. Es besteht auf der
Erfüllung seiner eigenen Wünsche, und dabei sind ihm die heiligen
Gebote im Wege. Es will sein Vergnügen hier und jetzt, versucht, die
Ratschläge Gottes zu umgehen, und weiß nicht einmal, daß selbst dies
nur mit Gottes Erlaubnis möglich ist. Würde Allah uns auch nur für
eine Sekunde unserem Ich überlassen, so wären wir in der größten
Gefahr. Denn dieses Ich findet Vergnügen nur an dem, was uns
schadet.
Hilfe kommt von der Weisheit Allahs des
Allmächtigen, von der Weisheit Seiner Propheten und von der Weisheit
der Erben der Propheten, der Heiligen. Im Islam findet sich das
erstens im Buch Gottes, dem Heiligen Qur’ân, zweitens in den
ahadith, den Aussprüchen des Propheten -Allahs Segen
und Friede seien auf ihm - und drittens in den Aussprüchen der
Meister.
Der Heilige Qur’ân besteht aus 6666 Versen, und es
gibt Tausende und aber Tausende von Aussprüchen des Propheten, die
von seinen Begleitern, den Sahâbas, bewahrt und behütet und
an die nächsten Generationen weitergegeben
wurden.
Wenn jemand auch nur einen Vers des Qur’ân oder
einen Ausspruch des Propheten - Allahs Segen und Friede seien auf
ihm - wirklich behält, also immer im Gedächtnis bewahrt, bedenkt und
danach handelt, dann genügt das für sein ganzes Leben. Er braucht
keinen zweiten. Warum gibt es dann solch eine große Zahl? Weil der
Islam weit ist, weil er für jeden Menschen, und nicht nur für
Araber, Türken oder Bewohner des Orients, einen eigenen,
spezifischen Weg zum Paradies bereithält.
Die Verse des Qur’ân und die Aussprüche des
Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden - und seiner
Erben sind wie Goldminen. Jeder dieser Aussprüche ist eine Mine der
Weisheit, die beides enthält, das Wissen für die Anfänger auf dem
Pfad Gottes und das Wissen für diejenigen, die dem Ziel nahe sind.
Jeder von ihnen enthält so viel Wissen, daß einer allein es gar
nicht erfassen kann. Daraus erwächst die Achtung, die ihnen
entgegengebracht wird. Was darin geehrt wird, ist das
Wissen.
Dies ist ein Wesenszug des Islam im Allgemeinen.
Wissen ehrt uns im Angesicht Gottes. Denn dadurch erkennen die
Diener ihren Herrn. Und in dem Maße, wie ihr Wissen von der Größe
und Majestät Allahs des Allmächtigen wächst, wächst ihre Ehrfurcht,
steigert sich ihr Lobpreis Gottes.
Wenn ein Diener seinen Herrn lobpreist, wenn er Ihn
rühmt, schenkt ihm Allah Segen. Dieser Segen kommt auf ihn, weil er
etwas tut, dessen sein Herr nicht bedarf und das Ihm weder etwas
hinzufügt noch von Ihm wegnimmt. Im Grunde kann der Diener seinen
Herrn gar nicht rühmen und lobpreisen. Denn Allah ist majestätisch
über alle Maßen und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Würden die ganze
Menschheit und alle Engel Allah den Allmächtigen lobpreisen, so
fügte das Seiner Herrlichkeit doch nicht ein Tüpfelchen hinzu.
Deshalb ist der Lobpreis, mit dem ein Diener seinen Herrn lobpreist
in Wirklichkeit der Lobpreis, mit dem sein Herr ihn, den Diener,
lobpreist.
Sagst du: subhânAllah - gepriesen sei Allah
- dann preist dich Gott der Allmächtige. In dem Maße, wie wir geben,
wird uns gegeben. Alle Geschöpfe preisen Ihn, denn Er brachte sie
aus dem Nichts hervor. Nicht eines kommt hervor, ohne seinen Herrn
zu preisen. Menschen, Tiere, Bäume, Steine, die Erde, die Himmel,
die Wolken, die Wasser, die Atome, alle preisen sie Ihn, denn ohne
Ihn wären sie nicht. Und je mehr sie Ihn preisen, desto mehr Wissen
wird ihnen gegeben, und je mehr Wissen ihnen gegeben wird, desto
größer wird ihr Lobpreis.
Beide, ein gewöhnlicher Mensch und ein Heiliger,
preisen Gott, und doch ist der Gottesdienst des einen nicht wie der
des anderen. Denn der Rang des Dienens wird gemessen am Wissen des
Dieners. In dem Maße, wie ihr Qur’ânverse oder Aussprüche des
Propheten wirklich lernt und behaltet und befolgt, in dem Maße
wächst euer Wissen. So steigert sich euer Lobpreis. Und so nimmt das
Licht zu, das auf euren Standplatz in der Gegenwart Gottes fällt.
Die Bedeutungen eröffnen sich, und das nimmt kein Ende, solange der
Lobpreis Gottes andauert.
Der Befehl Allahs des Allmächtigen an seine Diener,
Ihn zu lobpreisen, ist ein Geschenk an sie. Er hat ihnen befohlen,
Ihn zu preisen, und Er hat ihnen damit die Möglichkeit eröffnet,
selbst gepriesen zu sein in Seinem Angesicht. Wenn sie die ersten
Verse des Qur’ân aufsagen, wenn sie sagen: a'ûdhu billâhi minna
sch-schaytâni-r rajîm, dann preisen sie Allah, und wenn sie
sagen: Bismillâhi-Rahmâni-Rahim, dann ist das eine
Lobpreisung. Wenn wir sagen: al-hamdulillâhi rabbi l-´âlamîn,
preisen wir, ar-Rahmâni-Rahîm, wir preisen Dich, mâliki-y
yaumi-d îin, wir preisen Dich, iyyâka na´budu wa iyyâka
nast´în, wir preisen Dich, ihdina-s sirât al-mustaqîm,
wir preisen Dich, sirât alladhîna an´amta ´alayhim, ghayri-l
maghdûbi ´alayhim wa la-d dâllîn, wir preisen Allah den
Allmächtigen. Amin.
Jeder Lobpreis, jede Anbetung, jede Bedeutung, die
uns eröffnet wird, ist ein Weg, der uns zu den Meeren göttlichen
Wissens, göttlicher Weisheit, göttlicher Schönheit führt. Wichtig
ist nur der Lobpreis. Er ist der Schlüssel, der den Dienern ihre
Stellung im Angesicht Gottes verleiht.
Wer seinen Herrn preist, wird von Ihm gepriesen und
wird ein Ort göttlichen Wirkens für andere Menschen. Er wird zu
einem „âyatun min ayâtillâh“, einem Wunder-Zeichen von den
Wunder-Zeichen Allahs.
adaptiert von Abd al-Hafidh Wentzel aus: „Islam: Die Freiheit der Dienenden“ von
Maulana Scheich Nazim al-Haqqanî, erschienen im Verlag Gorski
& Spohr 1995
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