Bismillahi-Rahmani-Rahim

 

Im Folgenden findet Ihr einen der irgendwie auch nach 1000 Jahren immer noch aktuellen Maktub‰t  (Briefe) aus der Sammlung ãMaktub‰t ar-Rabban”Ò des Naqschbandi-Scheikhs Ahmad Faruq as-Sirhind” genannt Im‰m Rabban” al-Mujaddid al-Alf Th‰n” (927-1034 nach d. Hijra), gerichtet an Scheikh Far”d, einen der Vertrauten des Moghulen-Herrschers Sultan Sal”m, genannt Jahangir. Im‰m Rabban” lebte in einer Zeit, in der, besonders unter der Herrschaft des Moghul-Sultans Akbar der sunnitische Islam durch  den Einflu§ "rationalistisch"- philosophischen Gedankengutes so wie die Zerstrittenheit korrupter Rechtsgelehrter, die nicht lange fackelten, sich gegenseitig zu Ketzern, UnglŠubigen u.Š. zu erklŠren, wenn es ihrem persšnlichen Vorteil nutzte, ernsthaft bedroht schien. Am Hofe Akbars, der sich immer noch als "Beherrscher der GlŠubigen" bezeichnete, fand man Gefallen an der Vorstellung, alle Religionen seien mehr oder weniger gleich schlecht, es gŠbe zwar einen Gott, doch einem bestimmten Propheten oder gar einem durch ihn offenbarten gšttlichen Gesetz zu folgen, sei eher etwas fŸr geistig Minderbemittelte. Gleichzeitig verstŠrkte sich der gesellschaftliche Einflu§ der Hindus und der extremen Schiiten. All dies gipfelte in dem Versuch Akbars, eine selbst fabrizierte Religion genannt "D”n Ilahi", ein Konglomerat aus Hinduismus, Islam, Buddhismus und "rationalistisch"-philosophischem Gedankengut  als Staatsreligion einzufŸhren. Der Versuch scheiterte zwar, schwŠchte jedoch weiter die Position de r Muslime. In dieser Situation verteidigte Scheikh Ahmad as-Sirhind” in Wort und Tat die Sunna und das gšttliche Gesetz, die Schari'a, in so eindrucksvoller Art und Weise, da§ die GlŠubigen in ihm den "Mujaddid al-Alf Thani", den vom Propheten  Ð mšge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenkenÐ angekŸndigten Erneuerer des neuen Jahrtausends erkannten. Als dann nach dem Tode Akbars im Jahre 1014 nach d. Hijra dessen Sohn Jahangir den Thron bestieg und versprach, der Sunna und der Schari'a wieder die ihnen gebŸhrende Geltung zu verschaffen, wollte er sich entsprechend den vier sunnitischen Rechtsschulen vier Gelehrte an seinen Hof holen, um sie in Fragender Schari'a zu konsultieren. Scheikh Ahmad, selbst ein Mujtahid sowohl in der hanafitischen als auch in der schafi'”tischen Rechtsschule, erhielt davon Kenntnis und schrieb daraufhin den hier in deutscher †bersetzung wiedergegebenen Brief an den einflu§reichen Scheikh Far”d:

 

Der  53. Brief

An einen guten Freund im Ministerrang darŸber, da§ die Zerstrittenheit der korrumpierten Rechtsgelehrten unweigerlich zum Verderbnis der Welt fŸhrt und weshalb das so ist

 

Mšge Allah der Erhabene Euch stŠrken auf dem Wege Eurer edlen Vorfahren! Wie ich gehšrt habe hat Euch der Sultan des Islam und der Muslime entsprechend seiner vorzŸglichen islamischen Erziehung, wie sie in der Formung seines Wesens angelegt ist, befohlen, da§ vier Personen aus dem Kreis der frommen Rechtsgelehrten («Ulema) ausgewŠhlt werden sollen, die ihm zur Seitestehen und ihm die das gšttliche Gesetz (Schari«a) betreffenden Angelegenheiten erklŠren sollen, damit es nicht zu Anordnungen kommt, die im Widerspruch zur Schari«a stehen. Preis sei Allah dem Erhabenen dafŸr! Welche frohe Botschaft kšnnte fŸr die Muslime besser sein als diese? Und welch schšneren Trost kšnnte es fŸr die von TrauerfŠllen Betroffenen geben als diesen? Doch wende ich mich als mittelloser BedŸrftiger  (Faqir) der ich bin an Eure erhabene Exzellenz in dieser Angelegenheit, denn wie ich schon wiederholt deutlichgemacht habe, wŠre es fŸr mich unverzeihlich und ist es mir auf gar keinen Fall gestattet, in dieser Sache stillzuschweigen und nicht zu schreiben. So bitte ich Euer Exzellenz denn um Vergebung fŸr mich, denn wer ein solches Anliegen verfolgt, mu§ verrŸckt sein. Die Sache ist, da§ wahrhaft fromme Rechtsgelehrte derzeit weniger als wenige sind, und sie sind diejenigen, die das Streben nach Ruhm und Stellung beiseite gestellt und hinter sich gelassen haben und deren einziges Streben  und Trachten die Verbreitung des gšttlichen Gesetzes und die StŠrkung der Religionsgemeinschaft sind. Wenn in ihrem Innersten noch das Streben nach Ruhm vorhanden ist, so wird ein jeder von ihnen eine ihm gemŠ§e Position beziehen, die seinem Ziel entspricht und daran festhalten, um zu zeigen, da§ seine Position die vorzŸglichste ist und Uneinigkeit herbeifŸhren und es wird in dem was eindeutig ist zu widersprŸchlichen Ansichten kommen und dies wird als Mittel benutzt werden im Wetteifern um die Gunst des Sultans. So wird die Sache des Glaubenskopflos und zerschlagen sein. Die Zerstrittenheit der Rechtsgelehrten hat im vergangenen Jahrhundert die Welt ins UnglŸck gestŸrzt und wenn dieses †bel fortdauert und wenn diese Clique sich weiter hŠlt, von wo soll dann die Verbreitung des gšttlichen Gesetzes kommen und wie soll es Raumgeben fŸr die StŠrkung der Religionsgemeinschaft ? Stattdessen werden sie Auslšser weiterer Zerstšrung sein und ich suche Zuflucht davor bei Allah und vor dem †bel der korrumpierten Rechtsgelehrten!

So ist es vorzŸglicher und besser, wenn ihr zu Eurem Zwecke nur einen Gelehrten auswŠhlt! Und wenn er zu den Gelehrten gehšrt, die nach dem Jenseitsstreben, so wŠre dies das grš§te GlŸck, denn seine Gegenwart wŠre kostbar wie roter Schwefel. Wenn das nicht mšglich ist, dann wŠhlt nach sorgfŠltiger AbwŠgung den Besten seines Standes, denn wenn man nicht alles haben kann, soll man doch nicht alles sein lassen. Und ich wei§ nicht, was ich schreiben soll, denn so wie die Rettung der Schšpfung mit der Anwesenheit der Rechtsgelehrten verbunden ist, so ist die Zerstšrung der Welt ebenso untrennbar mit ihnen verbunden. Und die vorzŸglichsten Rechtsgelehrten sind die VorzŸglichsten der Welt und die schlechtesten von ihnen sind die Schlechtesten der Schšpfung, denn die Rechtleitung und Irreleitung hŠngen von ihnen ab.

Einer der Edlen sah Iblis, den Verfluchten im Gegensatz zu seiner sonstigen Gewohnheit beschŠftigungslos herumsitzen. Verwundert fragte er ihn nach des RŠtsels Lšsung. Der Verfluchte antwortete ihm: "Die Rechtsgelehrten dieser Zeit haben fŸr mich schon genŸgend im Vorausgearbeitet und mich wŸrdig vertreten mit VerfŸhren und Irreleiten."

Ich bitte Euch  diese Angelegenheit die Ihr bereits in Angriff genommen habt nach sorgfŠltiger †berlegung und aufrichtiger AbwŠgung voranzutreiben, denn wenn die Sache erst einmal aus der Hand ist, hilft kein Heilmittel mehr. Ich schŠme mich, solche Worte gegenŸber wahrhaft geistig Hochgebildeten zu Šu§ern, doch da ich erfahren habe, wie sehr das hšchste GlŸck von dieser Angelegenheit abhŠngt, sah ich mich zu dieser "Belehrung" veranlasst.

 

Aus dem Arabischen Ÿbersetzt von Abd al-Hafidh Wentzel

 

 

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